Hybrid Futures: Review

Die Hybrid Plattform und das Futurium luden am 12.12.19 zur ersten Ausgabe der Veranstaltungsreihe »Hybrid Futures. Kunst und Wissenschaft zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft« ein und der große Saal im Futurium platzte aus allen Nähten. Unter der Moderation von Shelly Kupferberg tauschten sich Hito Steyerl, Mike Tyka und Jules LaPlace darüber aus, welchen immensen Einfluss Artificial Intelligence bereits auf Technik, Kunst und Gesellschaft hat und zukünftig haben wird.

In der Adventszeit wird gerne mal in die Glaskugel geschaut, um sich für den ersten Januar und alles was darauf folgt diverse Neujahrsvorsätze zu überlegen. Ähnlich spekulativ, aber den Interpretationsspielraum auf die Zukunft der gesamten Menschheit ausweitend drehte sich an diesem Donnerstagabend vieles um Risiken und Potenziale maschinellen Lernens.

Nach einer kurzen Einleitung durch den Direktor des Futuriums Dr. Stefan Brandt und durch Nina Horstmann von der Hybrid Plattform, stellten sich die drei Protagonisten zunächst den Fragen von Shelly Kupferberg und weiteten die Konversation im Anschluss auf das gesamte Publikum aus.

Mike Tyka berichtete u.a. von seiner Kunstinstallation »Us and them«, welche konstant AI-generierte, politische Tweets ausdruckt und »kassenbonähnlich« von einer Erhöhung nach unten schweben lässt. Zwischen all diesem Papier stehen zwei Stühle, auf denen sitzend es sich wie intendiert sehr gut über den omnipräsenten Einfluss von Technik sinnieren lässt. Mit Hilfe des Zitats »machine learning is money laundry for bias« wurde uns der Faktor »bias«, der im alltäglichen technischen Leben eine große Rolle spielt, nähergebracht. Da die Algorithmen sich selbst Dinge beibringen und somit auf evtl. vorurteilbehafteten Daten basieren, gehen maschinelle Entwicklungen mit einer aus einer gesellschaftlich-philosophisch zu diskutierenden Intransparenz einher.

Der Coder und Webdesigner Jules Laplace zeigte uns ein Bilder, Sprache und Musik generierendes Tool, welches uns das ungemeine - auch kreative Potenzial - zukünftiger Technik vor Augen führte. Sein ebenfalls vorgestelltes »Vframe«-Projekt probiert in Zusammenarbeit mit dem Syrischen und dem Jemenitischen Archiv Videos gezielt zu filtern, zu analysieren und nach bestimmten Objekten (z.B. Munition) zu durchforsten, um diese Daten im Anschluss weitergeben und Sicherheitsmaßnahmen einleiten zu können.

Publikumsmagnet an diesem Abend war - ob ihrer Stellung als einflussreichste Akteurin im Kunstbetrieb 2017 durchaus nachvollziehbar - Hito Steyerl, die den horoskop-ähnlichen »political pyromancer« vorstellte. Mit Hilfe unterschiedlichster Parameter (z.B. dem »Arier-Nachweis-« oder dem »Hate-Button«) ließ sich das Feuer gestalten und manipulieren. Dem Feuer sprach sie eine übergeordnete, mystische Kraft zu, da es bis heute die einflussreichste und bedeutendste Erfindung der Menschheitsgeschichte sei und in gewisser Weise die Grundlage von allem was danach kam darstellt.

Mit dieser die Brücken zwischen Wissenschaft und Kunst schlagenden Mystik endete die Diskussion und es ging über zu den Fragen des sich wirklich interessiert zeigenden Publikums. Gegen 22 Uhr war die Veranstaltung zu Ende, hallte aber hoffentlich noch in vielen der besuchenden Köpfe nach.

- Aljoscha