Und wieder ein Neuzugang!

Wir freuen uns mit Filipe Pirl, pünktlich zu unseren Hybrid Talks »Generative Ästhetik«, ein weiteres, neues Mitglied in der Hybrid Plattform begrüßen zu können. Filipe ist vor allem für das Hybrid Lab zuständig.

In meinem Philosophie-Studium an der Humboldt-Universität habe ich mich vor allem für Wissenschaftstheorie und Philosophie des Geistes interessiert. Das heißt, ich musste mich neben meinen Philosophie-Seminaren viel mit naturwissenschaftlicher Praxis und Neurobiologie beschäftigen. Philosophische Disziplinen, die nur in ihrem eigenen Saft schmoren, fand ich langweilig und irrelevant.

Während meiner Bachelorarbeit zum Thema Pflanzenbewusstsein kam dann noch die Botanik dazu. Beim Schreiben habe ich aber schnell gemerkt, dass ich keine Lust hatte akademischen Richtlinien zu entsprechen, sondern lieber etwas Mutiges und Künstlerisches produzieren wollte. Anstatt alte Philosophen zu zitieren, bezog ich mich auf Online-Leserkommentare und Youtube-Videos und anstatt einer klassischen Struktur entschied ich mich für einen Google-Suche-Narrativ. Meine Bachelorarbeit führte daraufhin zu einem Eklat am Philosophischen Institut: Mein Erstkorrektor wollte mir eine Eins geben, mein Zweitkorrektor wollte mich durchfallen lassen. Nach langen Hin und Her einigten sie sich auf die goldene Mitte und ich bekam eine Drei.

Spätestens da habe ich realisiert, dass die akademische Philosophie kein fruchtbarer Boden für meine persönliche Entfaltung sein konnte. Auf der Suche nach genügend Freiraum bewarb ich mich an der Universität der Künste Berlin für Bildende Kunst und wurde glücklicherweise genommen. Da sich mir aber die Möglichkeit eröffnete ein paar Monate im Minimal Intelligence Lab an der Universidad de Murcia zum Thema Pflanzenintelligenz zu forschen, verschob ich meinen Studienbeginn auf das darauffolgende Wintersemester. Es war eine sehr aufregende, aber auch sehr aufreibende Zeit, da ich, um mir die unbezahlte Forschungstätigkeit zu finanzieren, der Humboldt-Uni zusagte zwei interdisziplinäre Forschungstutorien zu leiten und damit regelmäßig zwischen Berlin und Spanien pendeln musste.

Ich bereue aber nichts, da ich trotz körperlicher und mentaler Erschöpfung noch nie soviel gelernt habe, wie in dieser Zeit. Bei den Tutorien sah ich mich anfangs als Lehrperson und brauchte eine Weile um zu verstehen, dass im interdisziplinären Kontext, dieses Konzept nicht mehr funktioniert. Wenn Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenarbeiten, kann es keine Lehrenden geben, dann sind alle Lehrende und Lernende zugleich. Die Aufgabe der Leiter_in ist es dann lediglich einen fruchtbaren Boden schaffen, auf dem die gemeinsam gepflanzten Samen keimen und Früchte tragen können.

- Filipe