Die Universität der Künste Berlin und ihre 300-jährige Geschichte ist reich in der Tradition der Ausgrenzung. Nur für ein Drittel dieser Zeit – und nach vielen Jahren des Kampfes – wurden 1919 endlich Frauen als Studentinnen der bildenden Kunst zugelassen. Seitdem ist die Universität in Bezug auf die Studierendenschaft etwas vielfältiger geworden. Aber im großen und ganzen ist sie nach wie vor eine sehr weiße und männlich dominierte Institution, in der wenig Frauen die höheren Positionen besetzen und in der BIPoC unter den Lehrkräften und im eurozentrischen Lehrplan kaum repräsentiert sind.
Verschiedene Akteur*innen und Initiativen arbeiten seit Jahren an Antidiskriminierung, Diversität und strukturellen Veränderungen innerhalb der UdK Berlin, aber ihre Bemühungen sind oft zersplittert und werden gerade durch die Machtdynamik, gegen die sie kämpfen, unsichtbar gemacht. Der Critical Diversity Blog hat zum Ziel, all diese Akteur*innen und Initiativen an einem Ort zu versammeln, ihre Arbeit sichtbar zu machen und die Zusammenarbeit zwischen ihnen zu vereinfachen. Der Blog, der im Frühjahr 2020 von der Arbeitsgruppe Critical Diversity initiiert wurde, dient als eines der Mittel, um Wissen über die strukturelle Diskriminierung der UdK Berlin und über die verschiedenen Initiativen, die dagegen arbeiten, zu gewinnen. Die Arbeit am Blog wird somit zur Ausarbeitung der neuen Diversity Policy beitragen, die bis Ende 2021 fällig ist. In der anstehenden Policy entwickelt die Arbeitsgruppe Critical Diversity Maßnahmen, die die UdK Berlin zu einem gerechteren, vielfältigeren und integrativeren Ort machen sollen, an dem mit Unterschieden rücksichtsvoll und respektvoll umgegangen wird.
Durch das Bemühen um eine erhöhte Sichtbarkeit verschiedener Antidiskriminierungsinitiativen und stärkere Bindungen und Kooperationen zwischen ihnen hofft das Team vom Critical Diversity Blog, allen Universitätsangehörigen, die im Falle von Diskriminierung Hilfe suchen, eine bessere Unterstützung bieten zu können. Der Blog gibt allen (inklusive Alumni) auch die Möglichkeit, über ein Online-Formular einen anonymisierten Bericht über erlebte oder beobachtete Diskriminierung an der Universität zu hinterlassen. Die gesammelten Berichte werden dazu beitragen, die Problembereiche zu identifizieren und somit die Umsetzung der notwendigen Veränderungen durch die Diversity Policy zu fördern.
Das Format des Critical Diversity Blogs und Podcasts ermöglicht es allen an der UdK Berlin, sich öffentlich an Gesprächen zu beteiligen oder künstlerische Beiträge zu Rassismus, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit, Klassismus, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität und verwandten Themen zu präsentieren. Darüber hinaus sind Expert*innen eingeladen, wertvolle Einblicke in die Besonderheiten von Diskriminierung und Antidiskriminierungsarbeit in den Künsten und an Kunsthochschulen zu geben. Ziel ist es, sich kritisch mit ungerechten gesellschaftlichen Strukturen und ihren Wurzeln auseinanderzusetzen, und dabei selbstreflexiv und wachsam gegenüber den eigenen Fehlern und unbewussten Vorurteilen zu bleiben und diese ebenso konsequent abzubauen. Es ist Teil eines langen, voraussichtlich schmerzhaften und hoffentlich gründlichen Prozesses der Problemerkennung, der Bewältigung von Herausforderungen und der Umsetzung dringend notwendiger Veränderungen und Praktiken an der Universität und darüber hinaus.
Im Kontext der derzeitigen gesundheitlichen Krise, die zu weiterer Prekarisierung von bereits marginalisierten Gesellschaftsgruppen beiträgt, und der weltweiten Anti-Unterdrückungsbewegungen, nimmt die AG Critical Diversity und andere Initiativen für Anti-Diskriminierung diese Aufgabe noch ernster. Die diesjährige Rundgangsveranstaltung wurde von Bildende Kunst Student*innen genutzt, einen an die Black Lives Matter Bewegung anschließenden antirassistischen Protest zu organisieren. Der Protest legte Teile des Rassismus offen der tief in die Strukturen der UdK Berlin eingeschrieben ist und unterstrich ein weiteres Mal, dass nun die Zeit gekommen ist, sowohl an der UdK Berlin als auch in der ganzen Welt, aufmerksam zu werden auf die systemische Ungerechtigkeit und sich darauf zu fokussieren, zu heilen, sich solidarisch zu zeigen und die eigene Macht zur Veränderung zu reflektieren.
– Elena Buscaino & Adela Lovric, Redaktionsmitglieder*innen des Critical Diversity Blogs