Pilze und Architektur

©Rene Arnold

©Rene Arnold

Pilze und Architektur – ein Wortpaar, dass vor zehn Jahren wahrscheinlich noch nicht unbedingt miteinander in Verbindung gebracht worden wäre. Letzte Woche waren diese beiden Begriffe jedoch Gegenstand der dritten »Hybrid Futures«, einer Veranstaltungsreihe der Hybrid Plattform zusammen mit dem Futurium, in der sich verschiedene Sprecher*innen aus Wissenschaft und Kunst an interdisziplinäre Spekulationen über die Zukunft wagen.

Normalerweise ist das Futurium Lab eine Art Wertstatt, in der Besucher*innen Prototypen erstellen oder innerhalb von Workshops experimentieren können. Dieses Jahr ist aber alles andere als normal und das wuselige Lab wurde in ein einwandfreies Filmstudio verwandelt. Hunderte, für die Menschen hinter den Bildschirmen zu Hause, nicht sichtbare Kabel, Kameras, Mikrofone, Lichter und Screens nehmen das Gespräch der beiden Sprecher*innen auf.

Nina Horstmann, eine der beiden Koordinatorinnen der Hybrid Plattform und die Referentin des Futurium Labs Stefanie Holzeu begrüßen das Publikum - zu Hause hinter den Bildschirmen - und die beiden Sprecher*innen des Abends, Sven Pfeiffer und Vera Meyer im pflanzengefüllten Futurium. An diesem Ort haben sich der Professor für experimentelles Entwerfen an der Universität der Künste und die Professorin für angewandte und molekulare Biotechnologie an der TU Berlin durch ihre hier ausgestellten Arbeiten kennengelernt, eine Verbindung die sie unterstützt von der Hybrid Plattform vertieft haben.

So verschieden die beiden Sprecher*innen, so unterschiedlich ihr Weg zu dem, was sie heute innerhalb ihrer Arbeit antreibt. Während Vera Meyer sich schon früh der Frage gewidmet hat, was die Welt im Innersten zusammenhält und die Antworten darauf im Unsichtbaren beziehungsweise dem Mikrokosmos, also einer sehr konkreten Disziplin der Biotechnologie sucht, begeistert sich Sven Pfeiffer für die Disziplinenvielfalt, die sich in der Architektur findet. Trotz ihrer gegensätzlichen Werdegänge und Interessenfelder eint die beiden Sprecher*innen jedoch die Annahme, dass man Forschung nur voranbringen kann, wenn inter- und transdisziplinär gearbeitet wird.

Während sich die Fragen des Publikums hinter den Bildschirmen im Live-Chat so schnell anhäufen, dass Vera Meyer und Sven Pfeiffer kaum mit dem Antworten hinterherkommen, erläutern sie im parallellaufenden Video immer mehr Schnittstellen zwischen ihren Disziplinen, der Art wie in diesen geforscht, entworfen und gefertigt wird.

Ein paar Beispiele aus ihrer gemeinsamen Schnittstellenarbeit in Form von Ziegeln aus Pilzen haben sie mit ins Futurium Lab gebracht. Auch wenn diese aussehen wie Standart-Ziegel, sind sie ganz anders: sie riechen anders, sind nicht so schwer, haben eine samtige Haptik und sind auch in ihrer Oberflächen-Optik mit herkömmlichen Ziegeln nicht zu vergleichen.

Diese ersten Entwürfe inspirieren Vera Meyer und Sven Pfeiffer zu einer ganzen Reihe visionärer Möglichkeiten. Davon abgesehen, dass es durchaus denkbar ist, das Material zur Luftfilterung zu verwenden oder dass wir in den nächsten 10-20 Jahren in Pilz-Häusern leben könnten, könnte ein Zwischenweg sein, dass modulare Innenräume aus diesen Materialien ein ganz neues Leben ermöglichen. So könnten wir zum Beispiel Kinderzimmerwände, wenn die Kinder aus dem Haus sind, einfach zerbröseln und auf den Kompost werfen und so ganz andere Lebensmodelle innerhalb desselben Hauses möglich werden.

Wir sind auf jeden Fall gespannt, was der Architekt und die Pilzforscherin in Zukunft aus ihren Experimenten entwickeln und wie sehr Pilze die Architektur, Forschung, Arbeit, das Lernen und unser zukünftiges Leben durchdrungen haben werden.

– Rosa