Rooftop-Gebäude wiederaufgebaut und in Betrieb genommen

Das Rooftop-Experimentalgebäude wurde als solare Plusenergie-Wohneinheit zur Geschoss-aufstockung für den Gebäudebestand von Studierenden der UdK Berlin und der TU Berlin im Rahmen des internationalen Wettbewerbs Solar Decathlon Europe 2014 entwickelt. Es wurde baulich realisiert und im Sommer 2014 auf dem Wettbewerbsgelände in Versailles der Öffentlichkeit präsentiert (siehe Abbildung 1 und hier). Das Gebäude kombiniert sein vollflächiges Fotovoltaikdach mit einer reversiblen Wärmepumpe und ermöglicht so neben der Heizfunktion auch eine sommerliche solare Kühlung.

Das zerlegbare und transportable Prefab-Gebäude wurde seit 2017 auf dem Hochschulcampus in Berlin-Charlottenburg am Einsteinufer 43-53 für Zwecke der Forschung und Lehre von der UdK Berlin mit Unterstützung der TU Berlin wieder aufgebaut (siehe Abbildung 2 sowie Instagram).

Seit dem Sommersemester 2018 finden in dem Gebäude Lehrveranstaltungen und Seminare für Studierende beider Universitäten statt. Hierfür wurden die beiden Wohnräume des Experimentalgebäudes in einen Seminarraum und einen kleinen Laborraum umgestaltet. Studierende des Studienganges »Energy Engineering« des Zentralinstituts  El Gouna der TU Berlin entwickelten im Sommersemester 2018 im Seminarraum in einem interdisziplinären Studienprojekt Hard- und Softwaremodule zur Gebäudeautomation und zu Smart Building-Anwendungen (Abbildung 3). Studierende der Architektur der UdK Berlin machten sich im Laborraum des Rooftop-Gebäudes mit Darstellungs- und Interaktionstechniken von Architekturmodellen in der virtuellen Realität vertraut und wandten sie auf ihre eigenen Entwürfe an.

Im Rahmen des Wiederaufbaus wurde das Experimentalgebäude für zukünftige Forschungsanwendungen in vielen Einzelpunkten überarbeitet und erweitert. In die Stirnseiten des Baukörpers wurden zwei austauschbare Fassadenöffnungen ergänzt, in welchen Testfassaden unterschiedlicher Baukonstruktionen bauphysikalisch untersucht werden können. Der Baukörper und die Gebäudetechnik wurden mit zahlreichen zusätzlichen Sensoren ausgestattet, um so experimentelle Untersuchungen zum Innenraumklima, zum Nutzerverhalten, zur Gebäudeautomation und zum Energiemanagement zu ermöglichen. Im Eingangsbereich ist in der Wand ein »Smart Mirror« integriert, welcher den Gebäudenutzer z.B. über personalisierte Nachrichten oder wichtige Gebäudeinformationen informieren kann. Die Messtechnik und die Gebäudeautomation wird über mehrere Raspberry Pi-Einplatinencomputer und Arduino-Mikrocontroller realisiert. Die hierfür entwickelte Software basiert zu 100 Prozent auf Open Source-Lösungen.

Das wiederaufgebaute Rooftop-Gebäude wurde jetzt erstmals während des »Rundgangs« der UdK Berlin am 20. und 21. Juli der Öffentlichkeit vorgestellt. In einer Virtual Reality-Umgebung konnten die Besucher über einen Glasfahrstuhl auf die Dachebene eines Berliner Altbaus mit Blick über die Stadtlandschaft schweben, wo sich zwei Rooftop-Gebäude befinden, die interaktiv erkundet werden können.

Es ist geplant aus dem Experimentalhaus in einem nächsten Schritt eine kostengünstige Variante mit der Wohnkapazität für einen vierköpfigen Haushalt zu entwickeln. Hierzu soll aus der eingeschossigen eine zweigeschossige Variante abgeleitet werden, wobei auch die Gebäudebreite vergrößert wird. Auf diese Weise soll ein realistischer Lösungsansatz für die von der Wohnungsbaupolitik geforderten Geschossaufstockung zum Schaffen neuen Wohnraums in dichten Stadträumen demonstriert werden (vgl. Abbildung 4).

– Prof. Dr.-Ing. Christoph Nytsch-Geusen
Universität der Künste Berlin
Institut für Architektur und Städtebau 
Fachgebiet Versorgungsplanung und Versorgungstechnik (VPT)