TranSpace? Wo kann man hybrid forschen und studieren?

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© HP, Eine von UseTree durchgeführte transdisziplinären Lehrveranstaltung

Wenn ich mich an meine Studienzeit zurückerinnere, dann gab es nicht viele Orte an der Universität, wo man gleichzeitig konzentriert, aber auch im Austausch mit einer Arbeitsgruppe für eine Seminaraufgabe gemeinsam produktiv werden konnte. In Bibliotheken gilt das oberste Gebot der Ruhe – in Studierendencafés wich die Konzentration dem regen Austausch. Wenn man Glück hatte, konnte man einen leeren Seminarraum für die selbstorganisierte Gruppenarbeit ergattern. Optimal war das nie, aber wir konnten uns damit arrangieren. Aber wie machen das eigentlich Studierenden- und Forschungsgruppen, die inter- und transdisziplinär zusammenarbeiten? Gibt es Räume an der Universität, die diesem besonderen Denk- und Arbeitsmodus gerecht werden?

Die Zusammenarbeit von inter- und transdisziplinären Forschungsgruppen bedarf eines besonderen räumlichen Arrangements. Denn hier geht es nicht nur um eine innerdisziplinäre Zusammenarbeit, sondern auch darum, die Arbeitsweisen, Methoden, Theorien, Praktiken und Artefakte des spezifischen wissenschaftlichen Denkens und Handelns der jeweils anderen beteiligten Disziplinen kennenzulernen, zu verstehen und produktiv zu integrieren.

In bisherigen transdisziplinären Lehrformaten, die von Hybrid Projekten für TU- und UdK-Studierende angeboten wurden, besuchten sich die Studierenden z.B. gegenseitig an ihren jeweiligen Arbeitsorten. Natürlich weiß man, dass Labore eine ganz andere forschende Praxis prägen als Ateliers an einer künstlerisch-gestaltenden Universität. Aber dies auch einfach mal praktisch zu erfahren ist ein bedeutender Unterschied. Denn erst in der realen Situation des gegenseitigen Besuchens, in der konkreten Erfahrung des Fremden tritt das disziplinäre »Eigene« noch deutlicher hervor. Aber die Studierenden aus transdisziplinären Lehrveranstaltungen gaben auch das Feedback, dass sie dadurch zwar wichtige Einblicke in die Arbeitsweisen der jeweils anderen Disziplinen bekommen haben, es aber darüber hinaus viel zu kurz komme, dass man auch für konkretes Arbeiten an der gemeinsamen Fragestellung zusammenkommt. Denn dafür ziehe man sich wieder in die jeweiligen, eigenen Arbeitsräume zurück. Zeit ist ein Faktor, der als Grund hierfür genannt wird, da es schwierig sei gemeinsame Zeitfenster zu finden. Aber es sind auch die passenden Räumlichkeiten, die ein spontanes und nicht aufwendig zu planendes Zusammenarbeiten ermöglichen – und genau diese fehlen an den Universitäten.

Um zusammen an einer gemeinsamen Frage und Problemstellung zu arbeiten, bedarf es aber eines neutralen Ortes, eines dritten Raumes. Das transdisziplinäre Hybrid-Forschungsprojekt »Rethinking Prototyping« ist für gemeinsame Klausurtagungen beispielsweise in Seminarhäuser auf dem Brandenburger Land »ausgewichen«. Die Projektbeteiligten konnten sich so von den gewohnten und durch die jeweils spezifischen Arbeitsweisen und Hierarchien geprägten Räumlichkeiten an einen Ort begeben, an dem neue und andere Wege gegangen werden konnten. Wenn dieser Rückzug aus der Universität jedoch nicht möglich ist – wohin dann?

Führt man sich mal gedanklich die räumliche Struktur von Universitäten vor Augen, dann bleibt da nicht viel Platz, um diesem Forschungs- und Studiermodus Raum zu geben: dicht belegte Seminar- und Vorlesungsräume, die selten leer stehen und ansonsten verschlossen bleiben, kleine Büroräume, die für große Gruppen nicht genug Raum bieten, Mensen und Caféterias, die kaum eine ernsthafte Arbeitsatmosphäre bieten und Bibliotheken, die für kommunikationshaltiges Arbeiten eher ungeeignet sind. Inter- und transdisziplinäre Lehr- und Forschungsformate, um es mit den Worten Mark N. Philips zu sagen, »hängen [...] quasi in der Luft und bewegen sich im Vakuum zwischen den einzelnen Gebäuden und Fakultäten, in Fluren und Kommunikationszonen. [...] Es sollte eine klare Vorstellung davon geben, wie solch ein Raum gestaltet werden muss, damit darin Menschen zu kreativen Leistungen fähig sind, damit sie dazu angespornt und beflügelt werden und mit anderen interagieren. Dieser Raum muss Platz für Konzentration, Austausch und Weitläufigkeit bietet. Und er muss vorhanden sein.«*

Und genau hier stelle ich mir die Frage: Inwieweit sind eigentlich Universitäten für transdisziplinäre Zusammenarbeit ausgestattet? Und wie würde eine Universität aussehen, wenn man sie jetzt neu bauen und gleich von Anfang an auf einen gleichermaßen rein disziplinären, aber auch transdisziplinären Forschungs- und Studiermodus hin konzipieren würde? Inspiration, wie das aussehen kann, liefert zum Beispiel das Rolex Learning Center in Lausanne – auf 20.000 Quadratmetern arbeiten hier interdisziplinäre Teams sozusagen »barrierefrei« und an einem gemeinsamen Ort zusammen. Aber zurück auf den Campus Charlottenburg – im Kleinen bietet hier seit etwa einem halben Jahr das Hybrid Lab trans- und interdisziplinär arbeitenden Projektgruppen der Hybrid Plattform sowie von TU und UdK Berlin einen ausgestatteten dritten und neutralen Arbeitsort. Damit ist ein wichtiger Anfang gemacht – und wie Universitäten sich infrastrukturell und architektonisch auf die besonderen räumlichen Herausforderungen von hybriden Forschungsgruppen einstellen werden, bleibt abzuwarten. Bis dahin heißt es – auf ins Hybrid Lab!

- Ulli

*Mark N. Phillips (2014): Interdisziplinarität als Vehikel für Kreativität und Innovation. In: Schier, Carmen; Schwinger, Elke (Hrsg.): Interdisziplinarität und Transdisziplinarität als Herausforderung akademischer Bildung. Innovative Konzepte für die Lehre an Hochschulen und Universitäten. Transcript Verlag, Bielefeld, S.95-103, hier: S.99.