Schwarm

Zum Rundgang der Universität der Künste am vergangenen Samstag zieht das Hybrid Team inklusive Technik für die 31. Hybrid Talks in die Hardenbergstraße. Barbara Stark, Leiterin der Forschungsabteilung der TU Berlin und Mitbegründerin der Hybrid Plattform eröffnet den Abend, mit der Frage, wer die Talks denn das erste Mal besuche. Mehr als die Hälfte der Hände im Café Mittelachse gehen nach oben – der Rundgang scheint neue Gesichter zu den Talks gezogen zu haben und wir sind gespannt, wie die fünf Sprecher aus verschiedensten Disziplinen, sich dem Thema des heutigen Abends »Schwarm« aus ihrer Perspektive innerhalb von jeweils 10 Minuten annähern.

Jeder hat etwas anderes im Kopf bei dem Begriff »Schwarm«, seien es Vogelschwärme, Fischschwärme, der Schwarm in der Grundschule, Schwarmintelligenz,... Christian Blümelhuber, Professor für strategische Organisationskommunikation an der Universität der Künste, beginnt seinen Vortrag damit, dass er leider kein Biologe sei, denn das sei wohl die einleuchtendste Verbindung zum Begriff. Er beleuchtet »Schwärme« stattdessen kritisch, indem er sie in Verbindung zur Kommunikation bringt. Der Wunsch einen Schwarm aufzubauen, hat demnach sehr viel damit zu tun, andere von etwas zu begeistern – dem Mainstreaming. Ein Schwarm motiviert demnach nur zum Mit- oder Nachmachen und entindividualisiert so den Menschen.

Ebenfalls mit der Kommunikation von Schwärmen beschäftigt sich Dr. Daniel Graff von der TU Berlin, allerdings nicht von der Kommunikation zwischen Menschen, sondern von mobilen Robotersystemen. Auf seinem Weg durch verständliche Erklärungen über komplexe Betriebssysteme, erzählt er uns vom virtuellen Schwarm, der nichts Anderes ist, als die Abstraktion des physischen Schwarms. So scheinen Programme mit einem ganzen Schwarm zu kommunizieren, tatsächlich ist das aber nicht so. Dadurch können jedoch mehrere Anwendungen auf den Schwarm simultan ausgeführt werden.

Im starken Kontrast zu den ersten beiden Sprechern, beschäftigt sich Prof. Dr. Jens Krause von der Humboldt Universität Berlin mit der Funktionalität von allem was schwärmt – Menschenschwärmen, Vogelschwärmen und Fischschwärmen. In seinen 10 Minuten veranschaulicht er, durch verschiedene Experimente, die er mit Schwärmen durchgeführt hat, dass es ausreichend ist, wenn nur 5% eines Schwarmes mit Richtungsinformationen ausgestattet sind, um den Rest des Schwarmes mit zu ziehen. Bei der Schwarmintelligenz geht es also darum, dass unabhängige Individuen Informationen aus der Umwelt aufnehmen, diese durch soziale Interaktion miteinander verarbeiten und dadurch ein kognitives Problem entsteht, das ein Einzelner nicht lösen könnte.

Die Tanz- und Theaterwissenschaftlerin Dr. Sabine Huschka nimmt den Rundgang der UdK - der für sie dazu dient unterschiedliche künstlerische Formate zu betrachten - als Anlass, um das Thema »Schwarm« aus drei verschiedenen künstlerischen Positionen des Tanzes zu befragen. Sie verdeutlicht anhand von Videos wie aus einem Zusammensein ein Zusammentanzen wird. Das ginge, im Sinne des Schwarms, auf verschiedene Formen des Synchronisierens zurück.

Der fünfte und letzte Sprecher des Abends ist Mitbegründer von CORRECTIV, einem gemeinnützigen Recherchezentrum. Seit 2014 hat Jonathan Sachse dort alle »Crowd Newsroom«-Recherchen begleitet, bei dem Journalisten gemeinsam mit Bürgern und Bürgerinnen recherchieren wie z.B. zu strukturellen Problemen unserer Gesellschaft. Dafür benötigt es Daten, die häufig erst generiert werden müssen. Anhand eines laufenden Projektes mit dem Titel »Wem gehört Hamburg?« erklärt er, wie Bürger dazu aufgerufen werden, bestimmte Daten, in diesem Fall den Eigentümer ihrer Wohnung, preiszugeben, um eine Übersicht für alle zu schaffen – diesen Prozess bezeichnet er als Schwarmrecherche.

Nach dem Talk schwärmen die meisten Zuhörer wieder in alle Richtungen des Hauptgebäudes der UdK, andere bleiben noch ein bisschen sitzen und tauschen sich aus. Fest steht, dass auch der 31. Talk für alle Beteiligten neue Perspektiven auf ein Thema geschaffen hat, von dem sie vorher ein anderes Verständnis gehabt haben und durch den interdisziplinären Austausch an diesem Abend mal wieder klar geworden ist, dass es eben nicht nur die eine Perspektive gibt.

- Rosa