Lecture-Performance-Seminar

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Im Rahmen des Studium Generale der UdK Berlin findet im Hybrid Lab das Seminar »Lecture-Performance: Zwischen Vortrag und Performance« statt. Lecture-Performances (also Auftritte, die performative Elemente und Vortragselemente verbinden) sind in den letzten 15 Jahren in der bildenden Kunst, im Tanz- und im Theaterkontext immer populärer geworden. Auch im Wissenschaftsbetrieb zeigt sich ein zunehmendes Interesse an performativen Formaten der Wissensvermittlung, wie sich etwa am Aufkommen von Science-Slams oder Dance-Your-Dissertation-Wettbewerben zeigt. In diesem Seminar untersuchen wir das Format der Lecture-Performance zum einen in einer theoretischen Auseinandersetzung und zum anderen durch ein aktives Experimentieren.

In der theoretischen Auseinandersetzung schauen wir uns die Beziehung der Lecture-Performance zum bürgerlich-wissenschaftlichen Vortrag auf der einen Seite und zu Performance und Ritualen auf der anderen Seite an. Anhand von Autoren wie Jean-François Lyotard, Victor Turner und Sibylle Peters geht es um verschiedene Ansätze, Vorträge und Lecture-Performances zu verstehen. Darüber hinaus interessiert uns die Frage, warum dieses Format derzeit so attraktiv ist, welche Bedürfnisse von Künstlern, Tänzern und Theaterleuten und welche Wünsche des Publikums es erfüllt. Besonders interessant wird die Diskussion immer dann, wenn diese theoretischen Impulse sich in den Erfahrungen der Studierenden oder in ihren praktischen Experimenten spiegeln.

Im praktischen Teil des Seminar geht es in vielen kleinen und größeren Übungen und Experimenten darum, anhand eines je eigenen Themas unterschiedliche Bühnensituationen zu gestalten und dabei unterschiedliche Bühnenerfahrungen zu machen. Aus diesen Experimenten entwickelt jeder Student und jede Studentin jeweils eine Lecture-Performance. Die Themen, die sich die Studierenden ausgesucht haben, sind komplex und haben meist eine politische Dimension. Die Anforderung ist daher hoch und interdisziplinär: Die Studierenden bearbeiten ein theoretisches Thema und entwickeln dazu einen bühnentauglichen Text. Gleichzeitig suchen sie eine Bühnenform, die mit diesem Text produktiv in Interaktion tritt.

Ein wichtiger Teil des Seminars sind die Gespräche über die Experimente und Übungen: Wie hat das gewirkt? Wie hat sich die Erfahrung auf der Bühne in der Erfahrung des Publikums gespiegelt? Welche Interpretationen des Gesehenen sind entstanden? Wie läßt sich der Auftritt in Bezug auf das Thema interpretieren? Ist das interessant? Eröffnet es eine neue Perspektive oder nicht? Woran liegt das? Das persönliche Feedback durch die Gruppe ist in diesem Feld besonders wichtig, da sich Bühnenmomente und ihre Qualitäten im Video oft nicht abbilden. Jeder Performer ist daher auf Feedback angewiesen, um die Wirkung seines Auftritts abschätzen zu können. Von Anfang an war die Qualität des Feedbacks in der Gruppe sehr gut. Die Studierenden kommen aus unterschiedlichen, aber verwandten Kontexten (überwiegend bildende Kunst und Design). Sie bringen unterschiedlich viel Erfahrung und Wissen mit und – vielleicht noch wichtiger – sie haben unterschiedliche Ziele, was sie mit einer Lecture-Performance erreichen wollen. Diese unterschiedlichen Ansätze werden im Gespräch sichtbar und ergänzen sich. Dabei laufen ganz selbstverständlich theoretische, politische und künstlerische Überlegungen ineinander.

Das Hybrid Lab ist ein wunderbarer Ort für dieses Seminar. Freundlich und licht erlaubt es mit geringem Aufwand, immer neue Bühnensituationen im Raum zu schaffen.

– Veronika Reichl, Dozentin