Hybrid Futures: Review

Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen - ein Credo, mit welchem wir uns in der Vorbereitungsphase der zweiten Hybrid Futures, die am 28.05. stattfanden, anfreunden mussten. Zusammen mit dem Futurium und Alex Berlin standen wir vor der Herausforderung, die Konversation zwischen den Architekten und Urbanisten Jan Kampshoff und Moritz Ahlert und der Autorin und Theaterregisseurin Helgard Haug digital zugänglich zu machen.

Pünktlich zur Primetime um 20:15 starteten Stefan Brandt, der Direktor des Futuriums und Ewelina Dobrzalski, Koordinatorin der Hybrid Plattform, mit einer Begrüßung und Zusammenfassung der momentanen Umstände in den Abend.
Anschließend setzte Yvonne Zindel, ihrerseits künstlerische Mitarbeiterin an der Universität der Künste, die Moderation fort und nahm auf einem der vier blauen mit einem Abstand von zwei Metern zueinander platzierten Sitzen Platz.

Die Konversation wechselte zwischen zukunftsorientierten Fragen und Vorstellungen des eigenen Handelns hin und her und die drei Protagonisten führten uns in ihre Welt und ihre Gedanken ein. 
Helgard Haug stellte das Projekt 100% Berlin Reloaded ihres preisgekrönten Theaterlabels Rimini-Protokoll vor, bei welchem nach dem Abbild der realen Demographie Berlins (Alter, Geschlecht, Bezirk, Familienstand, Nationalität) selektierte Bürger Fragen zum urbanen Leben beantworten und so einen Spiegel der Gesellschaft abbilden. Die Stadt als Bühne ist aber auch in anderen Stücken das Hauptthema, die Stadt die Regeln vorgibt oder die Stadt als Kulisse. Eine weitere vom Rimini-Protokoll realisierte Aktion war Cargo X, ein umgebauter Lastwagen, der anstatt Waren, "Theaterbesucher" durch urbane Szenerien, die basierend auf den Erzählungen der Fernfahrer zur Bühne gemacht werden, transportiert.

Moritz Ahlert berichtete u.a. von dem Projekt der 99 Smartphones, die in einer kleinen Karre über die Straßen gezogen Google Maps “austricksten” und einen virtuellen Stau simulierten. Die holländische Schule habe seine Wahrnehmung von Architektur sehr geprägt und er hinterfragt konstant die Bedeutung seiner Bauelemente für die Menschen, in deren Präsenz, die Objekte letztendlich stehen werden. 
Diese immanente Schnittstelle zwischen Kreation und Gesellschaft ist auch für Jan Kampshoff, der das Wort “Kuratieren” (von lat. curare) als ein „Dinge in neue Beziehungen setzen“ definiert, von großer Wichtigkeit.

Der Umstand von COVID-19 war nicht nur aufgrund der ungewohnten Veranstaltungsform präsent, sondern wurde im Laufe der Konversation auch durch eine Collage, welche unsere drei Redner zum Reflektieren der letzten Wochen anregten, präsent. 
Kampshoff merkte an, dass viele seiner Studierenden momentan ihr Umfeld bewusster und in neuen Kontexten wahrnehmen und auch in ihren eigenen Kreationen flexibler denken.
Dieser pandemische “Fortschrittsgedanke” kam auch bei Helgard Haug zur Geltung, da genau jetzt der Zeitpunkt sei, das Theater flexibler zu denken und neue Formate zu initiieren, bei denen die Grenze zwischen Zuschauer und Künstler verschwimmen, damit gemeinsam erlebt und gehandelt werden kann.

Gen Ende blickten alle drei in die Wahrsagerkugel und tauschten sich über ein mögliches Stadtbild im Jahre 2107 aus. Der Hybrid zwischen Digitalem und Realem wird zum Normalzustand und hoffentlich dienlich für nachhaltige, kulturell wertvolle und soziale Entwicklungen. Ein klassisches “Weiter so” darf bis dahin nicht propagiert werden, um gezielt über das Gemeinwohl nachdenken und neue Wege gehen zu können. 

So vertieft in Prognosen und die Wechselbeziehungen zwischen Urbanistik und Kunst gingen die anderthalb Stunden schneller um, als man vielleicht zuerst angenommen hätte, trotzdem hoffen wir natürlich darauf, euch beim nächsten Mal wieder in Persona vor Ort begrüßen zu dürfen. Vielen Dank an die Sprecher, die Moderatorin, das Futurium und Alex Berlin!

- Aljoscha