Gemeinsam und nicht einsam!

Image Together and not Alone

© media.connect c.kisorsy | Eine von UseTree durchgeführte transdisziplinären Lehrveranstaltung

Einblicke in die Zusammenarbeit von Studierenden des Interaktionsdesigns
und Human Factors

Digitale technische Produkte erleichtern uns idealer Weise das Leben, indem ihre Dienste z. B. die Organisation des Lebens vereinfachen, Informationen zugängig machen, oder uns vielfältige Wege der Kommunikation ermöglichen. Dabei sollen sie gleichzeitig leicht erlernbar, personifizierbar, fehlertolerant, kurzum gebrauchstauglich sein. Doch wie können gebrauchstaugliche Produkte entwickelt werden, die gleichzeitig einen hohen Anspruch an das Design und die Funktionalität erfüllen? Die alleinige Expertise von z. B. Ingenieuren, Designern und Human Factors Spezialisten wird nicht genügen, um funktionale und gebrauchstaugliche Produkte zu entwickeln. Erst die Zusammenführung von unterschiedlichen Perspektiven ermöglicht eine umfassende Entwicklung, die über den eigenen Expertiserand hinausblickt.

Studierende und Lehrende der Universität der Künste Berlin und der Technischen Universität Berlin arbeiten seit einigen Jahren im Projekt UseTree zusammen, um ebendiese interdisziplinäre Sicht auf die Produktentwicklung zu etablieren. Im Zentrum steht dabei die Kooperation und der Wissensaustausch mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus Berlin, die Software entwickeln. Neben gemeinsamen Forschungsarbeiten, Vorträgen auf Konferenzen und Messen bieten die Mitarbeiter auch eine gemeinsame Lehrveranstaltung, das Seminar Usability in kleinen und mittleren Unternehmen nun bereits im zweiten Jahr an. Auch in diesem Sommersemester erarbeiten fünf Studierendengruppen mit Studierenden aus den Studiengängen Human Factors (TUB) und Interaktionsdesign (UdK) zusammen mit fünf KMU jeweils ein eigenes Projekt. Ziel der Projekte ist es, für ein ausgewähltes Produkt (a) bestehende Usability-Probleme aufzudecken, (b) Anforderungen an eine Umgestaltung zu formulieren und diese prototypisch umzusetzen, (c) die entstandenen Prototypen (bzw. Mock-ups oder Click-Dummies) zu evaluieren, um zu ermitteln, ob die Neugestaltung zu einer Verbesserung geführt hat. Damit wird der Zyklus des User Centered Design einmal vollständig durchlaufen. Um dabei dem interdisziplinären Hintergrund der Studierenden gerecht zu werden, ist die gemeinsame Arbeit wie ein Staffellauf organisiert: In nur zweieinhalb Monaten wechseln sich gemeinsame Treffen der verschiedenen Disziplinen und dem Unternehmen mit disziplinspezifischen Arbeitsphasen ab. Zu allen Arbeitsphasen sind stets alle Projektpartner herzlich eingeladen, um einen direkten Einblick in die unterschiedlichen Arbeitsweisen zu erlangen.

Neben dem Unternehmenskontakt schätzten Studierende im letzten Jahr vor allem die Möglichkeit, der jeweils anderen Disziplin beim Arbeiten über die Schulter zu schauen. Einige der Herausforderungen waren dabei u.a. die unterschiedlichen Arbeitsstile und Vokabeln, die jede der Gruppen kennzeichnete. Für die Designer war es vor allem interessant, Einblicke in die streng analytische und wissenschaftliche Herangehensweise der Human Factors Studierenden zu bekommen, was sich in der gemeinsamen Diskussion von Konzepten und Methoden zeigte, der eine dezentrale Ausarbeitung der Unterlagen folgte. Umgekehrt konnten die Human Factors Studierenden den iterativen Gestaltungsprozess der Designer, die immer im Team arbeiten, begleiten. Hierbei wurde deutlich, dass das Entwerfen neuer Designvorschläge nicht nur kreativen Prozessen, sondern vorwiegend einem soliden Handwerk, unterliegt – insbesondere, wenn es an die Umsetzung neuer Interaktionsabläufe und Erstellung von interaktiven Click-Dummies geht.

Zur Neuauflage des Seminars im aktuellen Sommersemester wurde ein neues Werkzeug zur gemeinsamen Analyse des Arbeitsgegenstandes eingeführt, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Denken und in der Sprache der unterschiedlichen Disziplinen noch deutlicher herauszuarbeiten. Ziel ist es, den Studierenden die Stärken der unterschiedlichen Herangehensweisen näher zu bringen, um ein besseres Verständnis für die Expertise des Gegenübers zu entwickeln und diese als Ergänzung zur eigenen erleben zu können. Wir sind zuversichtlich, dass es uns in diesem Jahr wieder gelingen wird, gebrauchstaugliche Software gemeinsam und nicht einsam zu entwickeln.

 - Stefan Brandenburg