Fern-Symbiose – Zeichensprache zwischen Mikroorganismus und Mensch

Malu Lücking studiert Textil- und Flächendesign an der Kunsthochschule Weißensee und bewegt sich mit ihrer experimentellen Arbeitsweise seit einigen Jahren im Spannungsfeld zwischen Kunst und Wissenschaft. Ihr Anliegen ist es vor Allem den Blick für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zusammenspiel von Mensch, Natur und Technik zu schulen. Ihr Projekt Fern-Symbiose stellte sie im vergangenen Jahr zum Bauhausfest in Dessau vor:

Blaues Glimmen, Lichtfontänen, farbige und bizarre Leuchtskulpturen - unter der Oberfläche des Meeres ist ein ständiges Spektakel im Gange. Dabei hat Biolumineszenz vor allem strategische und kommunikative Funktionen. Die variabel leuchtende Haut des Zwergtintenfischs Euprymna scolopes, die ihn praktisch vor jedem Untergrund unsichtbar macht, bietet zum Beispiel eine perfekte Tarnung. Umgekehrt wiederum locken die von den Algen der Spezies Dinoflagellaten gebildeten blau-grün leuchtenden Flächen bestimmte Fische an, die kleinere Fische, Fressfeinde der Algen, dezimieren.

Die Biolumineszenz hängt in vielen Fällen mit einem anderen natürlichen Prinzip zusammen, dem der Symbiose (deutsch: Zusammenleben). So gewinnt der Zwergtintenfisch seine Leuchtfähigkeit durch biolumineszente Bakterien, die er in seinem Leuchtorgan beherbergt und versorgt. Bei den Dinoflagellaten ist es dagegen eine Symbiose auf Distanz - Algen und Fische sind nicht direkt miteinander verbunden, aber trotzdem wechselseitig für ihr Überleben von Bedeutung.

Das Projekt Fern-Symbiose überträgt das Zusammenspiel von Licht und Symbiose in den Kontext des Menschen und der hybriden, entkörperlichten Formen von Natur, die seine Lebenswelt zunehmend bestimmen. Virtuelle Welten, Tamagotchis als Haustierersatz und Telefone mit denen sich eine Konversation führen lässt. Hier ist es ein System aus transparenten Schläuchen und Kammern, durch das aktivierbare, leuchtende Flüssigkeiten geleitet werden, mit denen sich eine abstrakte, ästhetische Kommunikation/ Symbiose entwickelt. Bei den in dem System enthaltenen Symbiosepartnern kann es sich sowohl um natürliche handeln, etwa Algen, die von ihrem “Wirt” regelmäßig mit Nahrung versorgt und durch Berührung zum Leuchten gebracht werden, als auch künstliche, wie zum Beispiel fluoreszierende Pigmente, die durch externe Lichtzufuhr aktiviert werden.

Das Projekt zielt darauf, eine direkte Beziehung zur Natur unter den Bedingungen des Virtuellen zu aktivieren. Das Künstliche und Abstrakte wird lebendig und “beseelt”, und wir beginnen, durch Farb- und Lichtsignale mit dieser neuen Natur zu kommunizieren.

- Malu Lücking