Das Corona-Semester an Berliner Universitäten

Das Corona-Semester an Berliner Universitäten
Unsere studentischen Hifskräfte berichten aus dem Uni-Alltag des Sommersemesters 2020.

»Life is what happens to you while you're busy making other plans« besang John Lennon in »Beautiful Boy (Darling Boy)« seinen Sohn. Auch die Corona-Krise hat viele Pläne von Studierenden und Lehrenden an Kunsthochschulen durchstrichen. Präsenzunterricht ist an Universitäten von einen auf den anderen Tag nicht mehr möglich. Die Lehre schiebt sich vom analogen in den digitalen Raum. Das ist leichter gesagt als getan. Nun heißt es virtuelles Zoom-Meeting, statt Treffen im Klassenraum. Die Coronakrise ist ein Präzedenzfall und treibt die Digitalisierung von Bildungsformaten voran, doch wie gehen Kunsthochschulen damit um? Wie wird eine künstlerische Eignungsprüfung während einer Pandemie umgesetzt? Und welche Ausstellungsformate sind während einer Krise möglich? Drei Berliner Studierende berichten aus dem Uni-Alltag des Sommersemesters 2020.

Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation von zuhause
Das vierte Semester der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste hätte wahrscheinlich auch als Testimonial für jegliche Kalenderapplikationen auf diesem Planeten durchgehen können. Da täglich neue Informationen durch diverse Channel wie Moodle (Kursmanagementsystem), Mails, Whatsappgruppen etc. in die Köpfe der Studierenden dringen, sind Ordnung und Terminplanung wichtiger denn je. Normalerweise sind wir ein sehr eingespielter Jahrgang, der sich wo es nur geht unter die Arme greift, aber man merkt langsam, wie kräftezehrend so ein Studium in Isolation sein kann und wünscht sich eigentlich nichts sehnlicher, als sich bei gutem Wetter am Mierendorffplatz über Universität und Leben auszutauschen. Vor allem Letzteres, das Zwischenmenschliche, fehlt in diesem Semester komplett und lässt die Vorfreude auf Oktober (Beginn WS 2020) mit jedem vergehenden Tag weiter ansteigen.

Master im Homeoffice
Ich berichte aus Woche zehn meines Homeoffice-Masters in Zukunftsforschung an der Freien Universität Berlin. Anfangs war alles noch ganz amüsant, ein grünes Häkchen in Webex Teams setzen um meine Zustimmung oder Abneigung (durch ein rotes Kreuz) auf die Fragen der DozentInnen zu äußern war mal was Anderes. Und zur Pause ein kleines Kaffeetässchen das zeigt, dass ich gerade nicht ansprechbar bin. Inzwischen ist das sehr ermüdend, da hilft auch die Kaffeetasse nichts. Das ehemals gemütliche Wohnzimmer unserer WG gleicht inzwischen einem Co-Working-Space und wir sind alle froh mal nicht auf einen Bildschirm schauen zu müssen. Jede Sekunde im Freien und im direkten Austausch mit anderen ist wertvoll, viel wertvoller als vor Corona – oder vielleicht wird erst hierdurch klar wie wertvoll diese Zeit schon immer war. Innerhalb einer einstündigen, digitalen Gruppenarbeiten wechseln wir teilweise zwischen drei bis vier verschiedenen Apps zur Kommunikation oder schalten KommilitonInnen via Handy dazu weil die Internetverbindung mal wieder abgestürzt ist – es sitzen einfach alle gerade zu hause vor dem Laptop egal ob SchülerIn, StudentIn oder Arbeitende. 
Das digitale Semester erwartet relativ viel von einem – vor allem Zeit, Geduld, Organisationstalent und Flexibilität, gleichzeitig gibt es auch sehr viel: 
Ich berichte aus Woche zehn eines digitalen Semesters in Zukunftsforschung (übrigens live aus Brandenburg) und irgendwie könnte unsere Situation auch nicht spannender sein gerade in Bezug auf Fragen an die Zukunft. 

Abschlussarbeit oder Prüfungsdatum
Die Erstellung der Abschlussarbeit im Studiengang Visuelle Kommunikation an der UdK, ist auch ohne Coronakrise ein besonderer Studienabschnitt, denn das letzte Semester dient einzig und allein dem Erstellen des Abschlussprojektes. Dabei wird die Arbeit in der Regel als eigenständiges Projekt erarbeitet. In mehreren Konsultation zwischen Studierenden und Professoren bzw. künstlerischen Mitarbeitern wird über das Projekt, die gestalterische Eigenleistung und die Präsentationsmedien gesprochen. Durch Corona findet all dies nun digital statt. Dies ist, dadurch, dass die Studierenden der Visuellen Kommunikation mit digitalen Formaten vertraut sind, oft erstmal keine große Herausforderung. Jedoch gibt es Projektabhängig große Unterschiede bei der Erstellung von künstlerischen Arbeiten, so benötigen Studierende der Klasse Raum oft Werkstätten, die lange pandemiebedingt geschlossen bleiben mussten. Nicht zuletzt spielen auch in der Visuellen Kommuniaktion Materialität, Raum und Klang eine große Rolle und können nur schwer über digitale Medien vermittelt werden. Für Studierende die nur digital arbeiten, bleibt die größte Herausforderung, ganz ohne Prüfungsdatum, den inneren Schweinehund zu überwinden und sich wirklich gut auf die Prüfung—deren Datum noch in den Sternen steht—vorzubereiten. Irgendwann zwischen September und November sollen es dann soweit sein, je nachdem, was die Coronamaßnahmen erlauben, sei es digital oder mit den nötigen Mindestabständen im Medienhaus.

– Aljoscha, Rosa & Tanita