Postmoderne und Melancholie

Image Weeknote Postmoderne und Melancholie Workshop Exhibition

Stephanie Kloss, geboren in Karlsruhe, lebt und arbeitet als bildende Künstlerin in Berlin.
Sie hat Architektur an der Technischen Universität in Berlin und Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe studiert. Ihre fotografischen und filmischen Arbeiten beschäftigen sich mit soziologischen, politischen und räumlichen Phänomenen.
Seit 2015 ist sie Mentee im Mentoring-Programm für hochqualifizierte Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen an der Universität der Künste Berlin. Im Rahmen des Studium Generale hat sie das Praxisseminar »Postmoderne und Melancholie« im Januar 2017 im Hybrid Lab geleitet.


Am ersten Wochenende des Blockseminars haben wir uns dem Begriff der Postmoderne als Architekturstil mittels Vorträgen und Filmen theoretisch genähert. In der Architekturdiskussion wird der Begriff oft in Verbindung mit einem Abwirtschaften der großen Utopien der Moderne genannt, was auch den Melancholie Aspekt beinhaltet. Gleichzeitig zeichnet sich die Postmoderne durch Ablehnung jeglicher Doktrin im Sinne eines »anything goes« und eines »samplings« aus: »Use the word ‘post modernism’ because it means absolutely nothing and everything«, sagte Charles Jencks, ein bekannter Theoretiker der Postmoderne.

Am darauffolgenden Tag haben wir anhand der Internationalen Bauausstellung in Berlin, der IBA 87, den postmodernen Architekturstil erkundet. Im Schneetreiben gingen wir auf einen Fieldtrip rund um den Checkpoint Charlie und besichtigten dort fünf ausgewählte Gebäude. Die Aufgabenstellung war, die bestehende Architektur als Material zu begreifen und sich mit dem Erbe der IBA und dem Städtebau von heute auseinander zu setzen. Dokumentarische Ansätze als auch eine freie Herangehensweise an die Formensprache, Grenzsituation oder Verfall sollten bei der Umsetzung eine Rolle spielen. In Berlin wurde mit der IBA ein sogenanntes »Stadtreparatur«-Programm umgesetzt, das nicht nur aus international beachteten Neubauten bestand, sondern auch kleinteilige Umbauten der Gründerzeit-Struktur umfasste. Bei aller Kritik an der damit verbundenen Wende zur konservativen Architektur: Die Postmoderne hatte einen entscheidenden Anteil daran, die größten Folgen der Modernisierung nach dem Zweiten Weltkrieg in letzter Sekunde zu stoppen. In der Architektur und im Städtebau das richtige Maß zwischen Tradition und Aufbruch zu finden, das beschäftigt uns bis heute.

Am nächsten Wochenende wurde im Hybridlab in Gruppen zum Thema praktisch gearbeitet. Angestrebt war von mir ein wahrnehmungserweiternder Zugang in einem frei wählbaren Medium. Es konnten z.B. Interventionen an den Gebäuden, Fotoarbeiten, Interviews mit den Bewohnern, Performances, experimentelle Filme oder Texte entstehen. Wichtig war mir, dass am Ende des Seminars künstlerische Arbeiten gezeigt wurden. Die Studenten stellten ihre Konzepte vor und wurden von mir individuell betreut.

Am letzten Wochenende präsentierten die Studenten ihre Arbeiten im Hybrid Lab. Dazu bauten wir im Raum eine kleine Ausstellung auf. Mehrere Videoarbeiten, Fotografien, Collagen, Gedichte und zwei Broschüren sind im Rahmen des Seminars entstanden. Die vielfältigen Ergebnisse und die inhaltliche Auseinandersetzung zeigten, dass die Studenten aus den verschiedensten Fachbereichen einen Zugang zum Thema gefunden hatten und nun auch einen anderen Blick auf die Stadt und ihr Erbe werfen können.

– Stephanie Kloss