Gleitende Tonhöhen auf klingenden Konsonanten

Von Zeit zu Zeit freut sich die Hybrid Plattform die Vielseitigkeit der Forschungsprojekte auf dem Campus Charlottenburg vorstellen zu können, diesmal ist es das Projekt »Gleitende Tonhöhen auf klingenden Konsonanten« von Prof. Dr. Kilian Sprau unter wissenschaftlicher Mitarbeit von Majid Motavasseli

Gleitende Tonhöhenübergänge gehören – dies lehren historische Quellen ebenso wie die frühesten Musikaufnahmen der Tonträger-Ära – in der Aufführungspraxis des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu den selbstverständlichen Ausdrucksmitteln des Gesangs und (Streich-)Instrumentalspiels. Angesichts der Omnipräsenz, die ‚Portamento‘ und verwandte Vortragsstilmittel zu jener Zeit besessen haben, ist bemerkenswert, in welchem Maße sie im Laufe des 20. Jahrhunderts aus der Aufführungspraxis westlicher Kunstmusik verschwunden sind.

Auch die musikwissenschaftliche bzw. -pädagogische Forschung hat sich des Themas 'gleitende Tonhöhen' bislang nur vereinzelt angenommen: Im Gegensatz etwa zur Zeitgestaltung (Agogik, Tempowahl und -konsistenz) haben 'gleitende Tonhöhen' in Interpretations- und Performance-Forschung bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch verhältnismäßig wenig Forschungsinteresse erregt.

Hier setzt das Forschungsprojekt an. Es möchte Aufschluss gewinnen über einen Spezialfall des sängerischen Gebrauchs gleitender Tonhöhen, der nicht auf vokalischen Lauten, sondern (subtiler) auf klingenden Konsonanten realisiert wird – ein bislang kaum beforschtes Thema. Das Projekt wird als Analyse von Tonaufnahmen durchgeführt und durch Auswertung schriftlicher Zeugnisse ergänzt. Das zu analysierende Korpus besteht aus repräsentativen Aufnahmen von Liedern des Komponisten Richard Strauss; es ermöglicht einen historischen Längsschnitt durch die Geschichte der Aufnahme von Strauss-Liedern seit Beginn der Tonträger-Ära.

Das Projekt „Gleitende Tonhöhen auf klingenden Konsonanen“ partizipiert an einem in den letzten Jahren zunehmenden Forschungsinteresse für performative Fragen der Musikausübung. So war der Projektleiter als Associate Scientist dem an der Kunstuniversität Graz beheimateten Projekt PETAL (Performing, Experiencing and Theorizing Augmented Listening) angeschlossen. Das Projekt „Gleitende Tonhöhen auf klingenden Konsonanen“ ist zugleich im Schnittfeld mit der Forschung zur Geschichte der Tonaufnahme angesiedelt, sodass auch Berührungspunkte mit dem an der TU Berlin stationierten Projekt Das Tonstudio als diskursiver Raum vorliegen.

– Prof. Dr. Kilian Sprau