transitions – Übergänge

transitions - Übergänge

Image transitions

Skizze, © Anna Petzer

Wir haben uns in diesem Semester im Rahmen des Studium Generale der UdK Berlin an zwei Workshop-Wochenenden (Dezember und Januar) im Hybrid Lab mit dem Thema des Übergangs – transitions – beschäftigt. Übergänge sind ja in der Musik wie auch im Film oder im Theater oft heikle Angelegenheiten: Wie komme ich von dem einen Zustand in den anderen, von dem einen Klang in den anderen, von der einen Szene in die andere, so dass es schlüssig ist, stimmig wirkt?

Unser Fokus richtete sich nun auf den Übergang selbst, nicht nur formal, sondern auch inhaltlich, sozial wie psychisch: Was bedeutet es, sich im Übergang aufzuhalten, sich dem Zustand des Übergangs – seiner Undefiniertheit, Unsicherheit, Unwägbarkeit – auszusetzen?

Im ersten Workshop-Block haben wir eine Auseinandersetzung mit dieser Sphäre begonnen, zunächst theoretisch:

  • Psychoanalyse: das Übergangsobjekt und der Übergangsraum, beziehungsweise das »Zwischenreich«, wie es Caroline Neubaur in Bezug auf den Psychoanalytiker Donald Winnicott beschrieben hat, »als die eigentliche Kraftquelle für das, was Innen und Außen in Bewegung setzt.« Hier setzt eine Theorie der Kreativität an, die Winnicott am frühkindlichen Spiel entdeckt und dabei den Übergangsraum als Möglichkeitsraum definiert.

  • Religions- und Kulturwissenschaft: das Übergangsritual in der Beschreibung von Victor Turner und dann spezifisch am Beispiel der mukanda-Schulen (Gerhard Kubik)

  • Künstlerische Arbeiten: Marina Abramovic – Grenzerfahrung als Kunst

Im Anschluss daran wurden in der Gruppe Ideen zu einer praktischen Arbeit gesammelt, die Aspekte des Transitorischen aufgreifen: Ergebnis war, einen Raum für eine einzelne Person zu entwerfen, die einen Aufenthalt in einer Art Übergangszustand erfahrbar macht. Die WorkshopteilnehmerInnen wurden gebeten, bis zum zweiten Workshop daran konzeptionell weiterzuarbeiten.

Im zweiten Workshop-Block wurden die Überlegungen und Konzepte der TeilnehmerInnen diskutiert und weiterentwickelt:

  • Im Anschluss an die theoretische Diskussion zur psychoanalytischen Kreativitätstheorie wurde eine Recherche zur Inspiration im Bereich der Komposition vorgestellt: Beispiele aus dem eigenen Umfeld wie auch Aussagen von Persönlichkeiten der letzten zwei Jahrhunderte zu der Frage, wie oder woher kommt Inspiration? Entscheidend war dabei die Feststellung, dass sowohl innere wie auch äußere Rückzugsräume eine wichtige Rolle spielen, der Künstler sich also bewusst in einen Übergangsraum begibt, um Kontakt zu einer Inspirationswelt aufzunehmen – in eine Isolation, wie sie auch in der konkreten Idee eines singulären Übergangsraums angedacht wurde.

  • Das Konzept für einen konkreten Übergangsraum wurde vorstellt: eine Art BlackBox, eine Einzelkabine, in der der visuelle Sinn weitgehend ausgeschaltet ist und umso stärker akustische Erfahrungen im Dunkeln ermöglicht werden.

Die schallgeschützte, völlig dunkle Kabine wird von einem einzelnen Besucher betreten. Der Boden kann vibrieren (Bass-Shaker), in Kopfhöhe befinden sich an den vier Seiten je ein Lautsprecher. Die Innenausstattung entspricht der eines Fahrstuhls, inklusive eines Spiegels (evtl. mit Projektionsmöglichkeit), der jedoch erst am Schluss der Inszenierung wahrgenommen werden kann.

Das Konzept wurde von den WorkshopteilnehmerInnen hinsichtlich folgender Aspekte diskutiert und weiterentwickelt:

  • Inszenierung/Dramaturgie: Was passiert in der Box, welche Gefühle entstehen? Welcher Zeitverlauf wird angestrebt und welches Material kommt zum Tragen?

  • Aufstellungskontext: Wo und in welchem Rahmen könnte eine solche Box aufgestellt werden? Wie lädt man das Publikum dazu ein, die Box zu betreten?

  • Realisierung: Welche Schwierigkeiten ergeben sich beim Bau der Box, insbesondere hinsichtlich der möglichst großen Schalldämpfung und der Technik?

Abschließend wurde ein Zeitplan besprochen, um das Projekt realisieren zu können (Abschätzung des Material- und Zeitaufwands, personelle Möglichkeiten, technische Hilfeleistungen, mögliche Ausstellungkontexte).

– Georg Klein, Dozent, sound | video | media artist